Eine persönliche Meinung von mir.
Ich habe bis vor kurzem selbst Immobilien vermarktet und von den hohen Kaufpreisen sicher ebenfalls gut profitiert. Dennoch habe ich mich in der Anfangszeit als Immobilienmaklerin wohler gefühlt. Das Wort zählte noch, Käufer hatten faire Chancen eine Immobilie zu erwerben, Eigentümern war eine realistische Einschätzung lieber als Märchenpreise und der Immobilienkauf durfte auch gut überlegt sein.
Hohe Kaufpreise, gestiegene Zinsen, Krieg in Europa, Energiekrise.... Die aktuellen Unsicherheiten machen sich auch auf dem Immobilienmarkt bemerkbar. Viele Käufer halten sich derzeit beim Kauf von Immobilien zurück und warten die aktuelle Lage erstmal ab.
Aber auch Verkäufer halten sich mehr zurück als zum Anfang des Jahres. Denn was soll man schließlich mit dem Geld aus der Kaufpreiszahlung machen, wenn der Finanzmarkt und die Politik mehr im Wandel sind denn je?
Ich bin seit 25 Jahren im Immobiliengeschäft tätig und habe schon öfter diese Schwankungen mitgemacht. Mal gab es ein Überangebot an Objekten, mal ein Überangebot an Interessenten. Mal höhere Zinsen, bis vor kurzem eine lange Niedrigzinsphase, Krieg in Jugoslawien (heute Kroatien), Ölkrise, Bauzinsen bei 10 % in den 90iger Jahren. Fakt ist, dass alle Phasen für irgendjemanden einen Vorteil aber auch für irgendjemanden einen Nachteil hatten. Aber dies macht Bewegung aus.
Ich habe mein Einfamilienhaus 2013 zu einem Preis für unter 200.000 Euro erworben. Inklusive Maklercourtage! Eine Summe für die man in den letzten Jahren kaum noch eine vernünftige Eigentumswohnung bekam. Reihenhäuser und Doppelhaushälften wurden teilweise über 400.000 Euro angeboten. Oft habe ich mir die Frage gestellt, wie viel ich dann für mein freistehendes Haus bekomme? Die Wertermittlungen lagen zwischen 360.000 bis 420.000 Euro. Je nachdem welcher Makler das Haus "eingeschätzt" hatte. Nun war ich ja selber vom Fach und wusste, der Preis 360.000 Euro war realistisch und fair. Ich als Privatperson dachte aber "Wenn die Doppelhaushälfte um die Ecke mit weniger Garten und sonst fast gleichen Merkmalen schon für 389.000 Euro angeboten wird, dann muss bei mir mind. 399.000 Euro stehen." Und so verglichen in den letzten Jahren viele Hausbesitzer. Auch wenn zum Schluss nie klar war, zu welchem Preis das Objekt wirklich beurkundet wurde. Verstehen konnte man die Eigentümer. Und die Käufer haben kräftig weiter gekauft. Oft beklagten sich die Käufer bei mir über die hohen Kaufpreise. Und auch wenn sie recht hatten, meine Standartantwort lautet: "Solange die Käufer die Preise zahlen, wird sich nichts ändern." Ich hatte 2013 wohl Glück, der Kaufpreis war angemessen, die Zinsen mit 3,5 % akzeptabel für 15 Jahre. Dennoch auch immer ein Risiko. Eigentlich war geplant, dass Haus bis dahin abzubezahlen, der Plan geht aber aus unterschiedlichen Gründen nicht auf. Also werde ich in 5 Jahren entweder teuer weiter finanzieren müssen oder die Immobilie zu welchem Preis auch immer veräußern. Fakt ist, ich weiß heute nicht, was in 5 Jahren ist!
Die Jahre in denen man überdimensionale Kaufpreise erzielen konnte und Leute einfach nur ihr Haus verkauft haben, weil es so viel Geld dafür gab, sind nun vorbei. Und liebe Verkäufer, ohne Ihnen Nahe treten zu wollen, muss es das auch. Ich habe noch eine Zeit erlebt, wo man den Preis nach Sachwertverfahren ermittelt hat und dann einen geringen Prozentsatz für den Angebotspreis obendrauf geschlagen wurde. In den letzten 4 Jahren spielte der Sachwert kaum noch eine Rolle, Kaufpreise wurden oft eher geboten als wirklich ermittelt. Das Vergleichswertverfahren hatte Hochkonjunktur. Eine schöne Zeit für die Verkäufer. Nun bricht eben wieder eine andere an, die auch schön sein kann, wenn man sich darauf einlässt, denn Käufer sind nicht bereit, bei den schwankenden Zinsen, die Kaufpreise aus der Niedrigzinsphase zu zahlen.
Fakt ist, es wird immer wieder den Verkäufer geben, der jetzt verkaufen muss. Weil die Räumlichkeiten z.B. zu groß/zu klein sind, weil sich die Lebenssituation verändert hat oder weil man beruflich in eine andere Stadt wechseln muss. Und auch bei Käufern wird aus den oben genannten Gründen immer mal ein Immobilienkauf notwendig sein.
Erstmal ist es sicher eine Umstellung, von einem italienisches Rennauto auf ein Sportauto aus Zuffenhausen umzusatteln ;) Aber bitte denkt daran, liebe Käufer und Verkäufer, dass ihr den Markt ausmacht und ohne einander zuzugehen, nichts stattfinden wird :)
In diesem Sinne, läuten wir doch einfach die nächste Immobilienphase heute ein ! :)
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